Sozialhilfegesetz: es braucht Nachbesserungen

Von: Angela Zihler, Gewerkschaftssekretärin VPOD Sozialbereich

Der Grosse Rat wird in der Herbstsession das Sozialhilfegesetz in 1. Lesung behandeln. Der VPOD fordert: Keine Sozialhilfekürzung bei Kindern, keine Anrechnung von Vermögensverzicht bei der Gewährung von Sozialhilfe und keine übermässig lange Rückerstattungspflicht.

Der VPOD hat am 21. August einen offenen Brief an der Grossen Rat unterzeichnet, der Korrekturen am Sozialhilfegesetz fordert. Der offene Brief wurde von einer Allianz von Organisationen und Fachpersonen aus der Praxis unterstützt.

Im schweizweiten Vergleich ist die Berner Sozialhilfegesetzgebung in der geltenden Fassung bereits eine der restriktivsten. Nun sollen weitere Verschärfungen dazukommen. Die Sozialhilfe soll auch für Kinder bis auf Nothilfe gekürzt werden. Das verstösst gegen übergeordnetes Recht. Die geplante Anrechnung des Vermögensverzichts ist laut Bundesgericht verfassungswidrig. Im Gegensatz zu den Ergänzungsleistungen entzieht diese Massnahme bedürftigen Personen und ihren Kindern trotz ihrer nachgewiesenen Notlage existenzsichernde Hilfe. Die Sozialhilfe stellt das letzte Sicherheitsnetz dar und muss daher dem Bedarf angepasst sein.

Zusätzlich wird die Rückforderungspflicht auf 15 Jahre ausgedehnt (Art. 72). Diese Frist überschreitet jene des Obligationen- oder Steuerrechts deutlich und ist weder wirtschaftlich noch sozial gerechtfertigt. Vielmehr stellt sie eine diskriminierende und unverhältnismässige Massnahme dar.

Der vorgesehene Kostenbeteiligungsschlüssel soll Sozialdienste zu Kostensenkungen motivieren (Art. 142). Dabei besteht das Risiko, dass Sozialdienste betreute Personen aus ihrem Zuständigkeitsbereich verdrängen oder deren Niederlassung verhindern. Mietrichtlinien könnten unter Druck geraten und situative Leistungen (SIL) restriktiver gewährt werden. Zudem führt die Rückerstattung an Gemeinden via sozialer Lastenverteilung zu zufälligen Effekten, die einzelne Gemeinden für Faktoren bestrafen, die sie nicht beeinflussen können. Zum Erhalt der Gemeindeautonomie fordern wir das geplante Selbstbehalt-Modell ersatzlos aus dem Gesetzesentwurf zu streichen.